Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg

  • Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg (RDG BW) vom 08.02.2010
    hierzu Gesetzesentwurf der Landesregierung mit Gesetzesbegründung, Drucksache 12 / 2871 vom 18. 05. 98 
  • Rettungsdienstbedarfsplan 2022 vom 31.08.2022, IM6-5461-272
  • Verordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales über die fachliche Eignung von Krankentransportunternehmern (KrTUEigV BW)
  • Konzeption für die Einsatzplanung und Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten (ManV-Konzept BW 2016)
  • Dienstanweisung für Rettungsleitstellen in BadenWürttemberg vom 20.06.1991
  • Förderrichtlinien-Rettungsdienst (VwV-F-RD) vom 11.08.2022, IM6-5461-394
  • Gesetz über die Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatz-Fahrzeugen für die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste und der technischen Hilfsdienste (Fahrberechtigungsgesetz)
    • Verordnung der Landesregierung und des Verkehrsministeriums über Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen für die ehrenamtlich tätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes (Zweite Fahrberechtigungsverordnung) vom 23.10.2012

Struktur und Privilegierung der Hilfsorganisationen

Das Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg (RDG BW) nennt die teilnehmenden Rettungsdienstorganisationen abschließend. Namentlich sind dies der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutschen Roten Kreuz und seine Bergwacht Württemberg, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser-Hilfsdienst, ferner die DRF Luftrettung, die Bergwacht Schwarzwald und die Deutschen Lebensrettungsgesellschaft. Diese nehmen den Rettungsdienst als gesetzliche Leistungsträger eigenständig und eigenverantwortlich wahr.

Das Innenministerium hat Verträge über die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes geschlossen. Bei Bedarf kann auch mit anderen Stellen als Leistungsträger ein Vertrag geschlossen werden.

Privileg der Rettungsdienstorganisationen in Baden-Württemberg

Das Privileg der Hilfsorganisationen bestünde, um das Engagement dieser freien Verbände „zu ermutigen und zu stärken“ (so PdK Baden-Württemberg Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg BWRDG § 2 Trägerschaft und Durchführung des Rettungsdienstes 2. Vorrang der Sanitätsorganisationen, beck-online). Verfassungsrechtlich ist das Hilfsorganisationenprivileg nicht unumstritten. Vergleiche hierzu auch die Rechtsauffassungen im Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH) vom 24.05.2012, Az. Vf. 1-VII-10 (Bayern).

Bereichsausnahme in Baden-Württemberg

Bodengebundener Rettungsdienst

Das Gesetz selbst nimmt keinen direkten Bezug auf das Vergaberecht. Der Rettungsdienst ist lediglich den genannten Rettungsdienstorganisationen überlassen. Ob diese im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 21.03.2019 – C – 465 / 17) und diesem folgend des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 30.03.2020 – 1 BvR 843/18) gemeinnützig sind, bleibt den Fachgerichten überlassen. Das Gesetz sieht die Gemeinnützigkeit nicht explizit vor.

Gemeinnützig sind zudem nur die „Organisationen oder Vereinigungen, deren Ziel in der Erfüllung sozialer Aufgaben besteht, die nicht erwerbswirtschaftlich tätig sind und die etwaige Gewinne reinvestieren, um das Ziel der Organisation oder Vereinigung zu erreichen“ (EuGH aaO). Pauschal lässt sich dies nicht beurteilen. Zutreffend könnte zwar ein Verweis auf die Vorgaben der Abgabenordnung (AO) sein; im Einzelfall muss dies aber gegebenenfalls auch bei den durchführenden Tochtergesellschaften gegeben sein.

Insoweit bleibt der Anwendungsbereich der Bereichsausnahme und damit auch die Vereinbarkeit mit dem Europarecht umstritten.

Bestandsschutz

Alt-Genehmigungsinhaber genießen Bestandsschutz nach Art. 2 Satz 1 RDG-ÄndG. Dieser soll allerdings nur eintreten, wenn der private Unternehmer über den Besitz einer Genehmigung für Notfallrettung hinaus diesen Betrieb am Tag der Verkündung des RDG-ÄndG am 31.07.1998 bereits tatsächlich ausgeübt hat. Vergleiche Verwaltungsgerichtshof VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. April 2004 – 6 S 17/04 –, Rn. 22, mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2002 – 4 S 220/02.

Ob der Verweis auf die tatsächliche Ausübung der Bestandsgenehmigung verfassungsrechtlich Bestand haben kann, ist nicht unumstritten.

Luftrettung

Der Bereich der Luftrettung wird durch Dienstleistungskonzession vergeben. Zur Anwendbarkeit des Vergaberechts vergleiche die Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2018, 1 VK 56 / 17.

Entgelt im Rettungsdienst

Klagen auf Entgeltzahlung eines Rettungsdiensteinsatzes sind nach Auffassung des Amtsgerichts Kehl, Beschluss vom 7. Juni 2011 – 5 C 199/11 – öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Es verweist daher unter Berufung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2009, III ZB 47/09 auf den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten. 

Auch soweit die Rettungsleitstellen für die Vermittlung von Einsätzen ein Leitstellenentgelt nach § 6 Abs. 3 Satz 1 RDG erheben, dürfte dieses öffentlich-rechtlicher Natur sein. Die Geltendmachung erfolgt dies nicht über Leistungsbescheid, sondern gegebenenfalls durch allgemeine Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht. Vergleiche Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 29. September 2009 – 6 S 131/08.

Haftungsfragen

In Baden-Württemberg handelt die Rettungsleitstelle bei der Lenkung der Einsätze des Rettungsdienstes öffentlich-rechtlich, vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2007 – KZR 48/05. Im Übrigen haben die Leistungsträger den Rettungsdienst nach Auffassung des OLG Stuttgart, Beschluss vom 2. Februar 2004 – 1 W 47/03, nichtstaatlich, privatrechtlich organisiert. Eine Amtshaftung komme dann nur in Betracht, soweit die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes nicht sichergestellt ist und die Land- und Stadtkreise die Versorgung als Pflichtaufgabe übernehmen. 

Hilfsfrist in Baden-Württemberg

Sie soll nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten ab Eingang des Notrufs bis zum Eintreffen eines geeigneten Rettungsmittels an einem an einer Straße gelegenen Notfallort betragen. Dabei soll sie in 95 % aller Fälle eingehalten werden, § 3 Abs. 2 Satz 4, 5 RDG BW.

Das fehlende Erreichen der Hilfsfristen in Baden-Württemberg veranlasste den Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) zu einem Recherche-Projekt „Hilfe im Notfall“.

Notarzt

Notärzte waren regelmäßig aufgrund Beschäftigung versicherungspflichtig, so das Bundessozialgericht BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R (vorhergehend Urteil des Landessozialgerichts LSG Baden-Württemberg vom 20. Juli 2020, L 4 BA 3646/18). Notärzte sind in ihrer Tätigkeit Teil eines Systems ineinandergreifender rechtlicher und organisatorischer Regelungen einer Rettungskette sowie in die Organisations- und Weisungsstruktur des Rettungsdienstträgers eingegliedert. Kläger war ein DRK-Kreisverband in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins.

Notärzte, die an der Versorgung im Luftrettungsdienst teilnehmen, konnten nach Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 BA 732/19, ebenfalls eine abhängige Beschäftigung ausüben. Das galt jedenfalls dann, „wenn sie im Rahmen dessen in einem Dienstplan eingeteilt sind und mit dem Hubschrauberpersonal (Pilot und Rettungsassistent) arbeitsteilig zusammenwirken“.

Ob und inwieweit Notärzte als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter gilt, ist im Einzelfall zu klären.

Notfallsanitäter

Ab 01.01.2021, im Einzelfall spätestens ab 01.01.2026, § 9 Abs. 3 RDG. Der Einzelfall dürfte sich im Wesentlichen auf den einzelnen Notfall beschränken, eine dauerhafte Besetzung mit Rettungsassistenten sieht diese Ausnahme nicht vor.

Feuerwehrgesetz Baden-Württemberg

  • Feuerwehrgesetz (FwG)

Katastrophenschutzgesetz Baden-Württemberg

 

Dr. Andreas Staufer
Dr. Andreas StauferRechtsanwalt
Dr. Andreas Staufer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Medizinrecht. Sein Schwerpunkt sind das Recht neuer Technologien sowie das Rettungsdienstrecht. Seit 1998 ist er zudem im Münchener Rettungsdienst als Rettungssanitäter engagiert.

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