Rettungsdienst Nordrhein-Westfalen

Rettungsgesetz, RettG NRW

Das Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (kurz: Rettungsgesetz NRW – RettG NRW) gilt für die Notfallrettung, den Krankentransport und die Versorgung einer größeren Anzahl Verletzter oder Kranker bei außergewöhnlichen Schadensereignissen.

Verordnungen

Verwaltungsvorschriften

Feuerwehr, Brandschutz, Katastrophenschutz 

Datenschutz, Informationsfreiheit, Cybersicherheit

Trägerschaft

Die Kreise und kreisfreien Städte sind Träger des Rettungsdienstes. Sie sind verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes in ihrem Bereich sicherzustellen. Die Sicherstellung umfasst neben der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung auch den Krankentransport. Die beiden Aufgabenbereiche bilden eine medizinisch-organisatorische Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr.

Die Träger stellen den Rettungsdienst selbst oder durch Dritte nach dem Submissionsmodell sicher. Grundsätzlich richtet sich die Beauftragung nach den Regelungen über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen dann nach den §§ 97 GWB (Vergabeverfahren).

Daneben besteht die Möglichkeit einer Genehmigung für Notfallrettung und Krankentransport durch Unternehmer im dualen System nach § 17 RettG NW (siehe nachfolgend zum Genehmigungsverfahren). Die Behörde hat dabei zur Vermeidung einer doppelten Vorhaltung die Möglichkeit einer Einbeziehung im Rahmen der Bedarfsplanung zu prüfen; die Reduzierung der eigenen Vorhaltung hat sie jedenfalls in Betracht zu ziehen (VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2020 – 29 K 15294/17 –, Rn. 58 mit weiteren Nachweisen auch auf die Gesetzesbegründung). Das Rettungsdienstgesetz sieht heute eine stärkere Einbindung privater Unternehmer auch im Rahmen der Sicherstellung vor (VG Düsseldorf aaO, Rn. 79 m.w.N.).

Hilfsfristen in NRW

Allgemeine Informationen zu den Hilfsfristen finden Sie im Bereich > Hilfsfristen. In Nordrhein-Westfalen ist die Hilfsfrist im Rettungsgesetz nicht gesetzlich verankert. Die Regelungen zur Gestaltung der Bedarfspläne enthalten keine Vorgaben zur Hilfsfrist, § 12 RettG NRW. 

Der Landesfachbeirat für den Rettungsdienst hat am 9.6.2009 (Az.: I 144-01 )Regelungen zur Berechnung der planerischen Hilfsfrist empfohlen. Die Empfehlung sind nicht bindend. Allerdings werden sich die Rettungsdienstträger an den Empfehlungen nicht nur bei der Qualität, sondern auch in amtshaftungs- und strafrechtlichen Verfahren messen lassen müssen.  

Empfehlung zur Hilfsfrist in NRW

Die Empfehlungen des Landesfachbeirats für den Rettungsdienst hat am 9.6.2009 lauteten zunächst die planerische Hilfsfrist vom Zeitpunkt des Anfangs der   Disposition des Leitstellendisponenten an zu berechnen (Einsatzeröffnung). Sie endet mit dem Eintreffen des ersten geeigneten Rettungsmittels an der dem Notfallort nächstgelegenen öffentlichen Straße. Der Erreichungsgrad beschreibt den Grad der Einhaltung der vom Aufgabenträger planerisch festgelegten Hilfsfrist in einem Rettungsdienstbereich.

Gebiete mit äußerst geringer Notfallwahrscheinlichkeit, mit extrem geringer Besiedlungsdichte, Wald-, Wiesen- und Moorgebiete, Betriebsgelände mit ausreichender eigener rettungsdienstlicher Versorgung, Truppenübungsplätze, Militärstandorte und Fernverkehrswege müssen den Empfehlungen zufolge für die planerische Hilfsfrist nicht berücksichtigt werden. Der Träger des Rettungsdienstes entscheidet, ob er eine Differenzierung der planerischen Hilfsfrist für Teile des Geltungsbereiches des Rettungsdienstbedarfsplanes für geboten hält, wobei der Landesfachbeirat der Auffassung ist, dass sich bis zu 8 Minuten in städtischen Gebieten und bis zu 12 Minuten in ländlichen Gebieten bewährt haben und daher beibehalten werden sollten. Die Empfehlung basiert auf Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Landtag NRW Drucksache 11 /3181 S. 51), die allerdings im RettG NRW keinen wörtlichen Niederschlag gefunden haben.

In Einsatzkernbereichen soll die Hilfsfrist in der Regel acht Minuten betragen. In Einsatzaußenbereichen soll diese in der Regel zwölf Minuten nicht überschreiten. Ein Einsatzkernbereich liegt in der Regel dann vor, wenn der betroffene Teil des Geltungsbereiches des Bedarfsplanes mehr als 25.000 Einwohner hat, eine Einwohnerdichte von über 300 Einwohner Ikm2 aufweist und die Notfallrate je 1.000 Einwohner höher als 60 für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Kalendermonaten liegt. Dieser Zeitraum ist zu beobachten; gegebenenfalls ist die Notfallrate fortzuschreiben.

Der Erreichungsgrad soll in mindestens 90 % der auswertbaren hilfsfristrelevanten Notanfallanfahrten in einem vom Träger festgelegten Zeitraum eingehalten werden.

Hält ein Rettungsdienstträger diese Zeiten nicht ein, kann ihm gegebenenfalls im Rahmen eines Genehmigungsantrags die Funktionsschutzklausel des § 19 Abs. 4 RettG NRW nicht entgegengehalten werden (vgl. bereits OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.10.1999 – 13 A 5617/98). Ebenso sind Amtshaftungsansprüche aus den § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht ausgeschlossen. Die Organisationspflicht besteht als drittgerichtete Amtspflicht auch gegenüber  Notfallpatienten, so bereits BGH, Urteil vom 12. November 1992 – III ZR 178/91, Rn. 19.

Bedarfsplanung von Luft- und Spezialfahrzeugen

Bei der Bedarfsplanung sind die Standorte der Luftfahrzeuge – insbesondere der genehmigten Intensivtransporthubschrauber – entsprechend zu berücksichtigen. Dabei übernimmt in der Regel der Träger, in dessen Gebiet das Spezialfahrzeug stationiert ist, die Trägerschaft für alle an der Trägergemeinschaft Beteiligten. Bei Einsatz von Spezialfahrzeugen darf anlassbezogen ein Transport von Patientinnen und Patienten auch über die kommunalen Gebietsgrenzen hinaus erfolgen. Die Leitstellen haben sich dabei abzustimmen, § 3 Abs. 4 RettG NRW.

Notfallsanitäter in NRW

Notfallsanitäter sind ab 01.01.2027 Pflicht, § 4 Abs. 7 RettG NRW. Mit Ablauf des 31. Dezember 2026 wird die Funktion des Rettungsassistent:in durch den Notfallsanitäter:in ersetzt.

Genehmigungen für Notfallrettung und Krankentransport

Die Möglichkeit einer Genehmigung für Notfallrettung und Krankentransport durch Unternehmer richtet sich nach § 17 RettG NW. Diese werden außerhalb des Rettungsdienstes nach dem zweiten Abschnitt tätig. Dennoch ist selbst eine Einbindung in die Leitstelle grundsätzlich möglich.

Es besteht ein Anspruch auf Genehmigung, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Neben den subjektiven Voraussetzungen über die Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung umfasst dies auch eine Prognoseentscheidung über die Auswirkungen der Genehmigung auf die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes (Funktionsfähigkeitsprüfung).

Funktionsfähigkeitsprüfung Rettungsdienst NRW

Das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst darf nicht beeinträchtigt sein. Die Behörde hat eine Prognoseentscheidung zu treffen, ob sie eine derartige Beeinträchtigung erwartet. Dabei hat sie vor allem die flächendeckende Vorhaltung und die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes im Sinne von § 6 RettG NW i.V.m. § 12 RettG NW im Betriebsbereich zu berücksichtigen. Dies umfasst auch Einsatzzahlen, Eintreffzeit und Dauer der Einsätze sowie die Entwicklung der Kosten- und Ertragslage.

Die Prognoseentscheidung ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2008 – 13 A 1779/06 -, Rn. 72). Zu prüfen ist nur, ob die Behörde „den maßgebenden Sachverhalt vollständig ermittelt, die maßgeblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung vertretbar, d. h. nicht offensichtlich fehlerhaft, eingeschätzt hat.“ ((VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2020 – 29 K 15294/17 –, Rn. 48 – 49 m.w.N.)

Die Genehmigungsbehörde für Notfallrettung und Krankentransport hat jedoch weitere Aspekte zu berücksichtigen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, wie die Möglichkeit der Einbeziehung der Fahrzeuge privater Anbieter in ihrer Bedarfsplanung. Die Prüfung darf muss dabei sowohl im Rahmen der Bedarfsplanung als auch in der Prognoseentscheidung nach § 19 RettG NW erfolgen. Die Behörde hat daher bei jedem neuen Antrag gegebenenfalls erneut zu prüfen, wie sie den Rettungsdienst organisiert und ob sie den notwendigen Bedarf zukünftig auch mithilfe des Antragstellers nach § 17 RettG NRW sichern kann und will (VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2020 – 29 K 15294/17 –, Rn. 72 m.w.N.).

Die Ermessenserwägungen können zwar noch im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Unzulässig ist die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Ermessensentscheidung tragenden Gründe. (VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2020 – 29 K 15294/17 –, Rn. 85)

Staufer Kirsch
Staufer KirschLegal Solutions

Ansprechpartner für Rettungsdienstrecht

Dr. Andreas Staufer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Medizinrecht. Seit über 25 Jahren ist er im Münchener Rettungsdienst aktiv. Dr. Staufer beschäftigt sich aktiv mit dem Rettungsdienstrecht. Kristin Kirsch, LL.M. Legal Tech ist Rechtsanwältin und Fachanwältin im IT-Recht. Ihr Schwerpunkt ist das Recht Neuer Technologien. Zusammen sind sie Staufer Kirsch.

Staufer Kirsch GmbH
Telefon +49 89 21530330

Anzeige

Dittrich/Dochow/Ippach (Hrsg.) Rechtshandbuch Cybersicherheit im Gesundheitswesen, C.F. Müller 2024. Mit Beiträgen zur Cybersicherheit in Rettungsdienst und Leitstelle sowie Cybersicherheit in der Pflege von Dr. Andreas Staufer und Kristin Kirsch

  • 4 Jahren ago Update Trägerschaft und Genehmigungsverfahren nebst Funktionsfähigkeit

Bildquellen